Montag, 30. Juni 2014

Bis aufs Blut - Deutsches Nachwuchs-Kino in Top-Form

©Euro Video
Sule und Tommy sind beste Freunde seit Tag 1. Was bei Ihnen als kleine Kinder, Gang und Gebe war, wird auch heute noch fortgeführt. Sie stehen für einander ein, halten dem jeweils anderen den Rücken frei und stellen so ein unschlagbares Team dar. Tommy besucht das Gymnasium, Sule die Realschule. Sie verkaufen Drogen, hören Hip Hop, schlafen mit Frauen und träumen von einer Tuning-Werkstatt. Das Leben eines kriminellen Würzburger Straßenkindes. Das Tommy sein Abitur und sein zumindest einigermaßen ordentliches Elternhaus somit in Gefahr bringt, merkt er erst nach seinem halbjährigen Gefängnisaufenthalt. Fortan versucht er sein Leben zu ordnen, doch Sule macht es ihm nicht einfach, zieht er ihn doch immer wieder in dieselben Kreise und Probleme hinein. Eine harte Belastungsprobe für eine schier unzerstörbare Freundschaft, die in einem ebenso packenden wie dramatischen Finale endet.

BIS AUFS BLUT ist der Diplom-Abschlussfilm und gleichermaßen das Regie-Debüt des deutschen Regisseurs Oliver Kienle. Mit der Szene des Würzburger Straßenlebens hat sich der Nachwuchs-Filmemacher sofort ein äußerst brisantes Thema vor die Brust genommen.
Die Themen sind einfach abgesteckt, schnelle Jugend, Graß, Autos, Frauen. Die Schwedischen Gardinen als logische Konsequenz, Gewalt ist im Tagesablauf verankert. Die Gefahr lauert überall. Seien es verärgerte Mitmenschen oder der Staatsapparat in Form der Polizei.
Ein Themenpfad der leicht ins lächerliche abdriften kann, sollte man ihn nicht realitätsnahe inszenieren und ihn zu sehr aufbauschen. Oliver Kienle hat hier aber sein aller ersten großen Pluspunkt eingeheimst indem er ein unfassbar authentisches wie realitätsgetreues Abbild des oben genannten Stoffes preisgibt.
Das Oliver Kienle ein besonderes Gespür für Inszenierung hat, zeigt er uns schon in den ersten Sekunde. Die Szenen des Heranwachsens der beiden Hauptprotagonisten sorgt für maximale Aufmerksamkeit im Publikum. Kein unnötiges langweiliges Anlaufen des Filmes, man ist sofort auf der Höhe des Geschehens, weiß den Zuschauer von Sekunde Eins an zu unterhalten.

Mit der Stadt Würzburg steht zum Einen eine wunderschöne Stadt als Setting zur Verfügung, das man ruhig noch ein wenig mehr hätte ausbeuten können. Dennoch sind die Aufnahmen gelungen, geht es in BIS AUFS BLUT sicherlich nicht darum schöne Panoramaaufnahmen von der Würzburger Festung hervorzubringen, sondern unbeschönigte Bilder der urbanen Gefilde auf die Leinwand zu pumpen.
Weiterhin ist hervorzuheben, das der Soundtrack, selbstverständlich sehr Hip-Hop und Deutsch-Rap-lastig, gut mitgeht und die Atmosphäre in die richtigen Bahnen lenkt, aber dem ein oder anderen Zuschauer eine falsche Richtung suggeriert. BIS AUFS BLUT´s größter Fehler besteht nämlich darin, das man den Eindruck erweckt das Hip-Hop unmittelbar im Zusammenhang mit Drogen, Gewalt und Gefängnis steht. Auch der Eindruck dass das Element Hip Hop ein Bestandteil des Filmes wäre bleibt haften, was der Inhalt des Streifens nur im minimalen Maße rechtfertigt. Somit wird ein verzerrtes Bild eines weltweit erfolgreichen Musikstils wiedergegeben, nicht mehr und nicht weniger.

Neben der Inszenierung liegen die Stärken des Projektes vor allem in den Leistungen der Darsteller. Mit Jacob Matschenz und Burak Yigit hat der Cast zwei glaubwürdige Hauptdarsteller, die beide sehr zu überzeugen wissen. In Nebenrollen finden sich zudem Simone Thomalla und Peter Lohmeyer, die Beide routinierte Arbeiten abliefern. Größter Gewinn jedoch für den Film ist Rapper Manuellsen, der in seinem Spielfilmdebüt viel zu wenig Screentime zugesprochen bekommt, aber dennoch die wenigen Minuten zu etwas äußerst einprägsamen machen. Vor allem die Symbolik seiner Figur für den Handlungsverlauf weiß er sehr gut an den Mann zu bringen und überrascht durch ein abgeklärtes Auftreten.

In BIS AUFS BLUT wird die Freundschaft über die Familie gestellt. Ein Motiv, das sich heutzutage auch in der Gesellschaft immer weiter festsetzt. BIS AUFS BLUT ist somit nahe an der Zeit dran und greift immer wieder Aspekte der heutigen Jugend auf. Verleugnung ist einer dieser Punkte, unzählige Träume die vom einen Moment auf den anderen Platzen, Loyalität gehört dazu. Kaputte Gestalten füllen die leeren Gassen.

©Euro Video
Bei der Sichtung von BIS AUFS BLUT wird der Zuschauer das Gefühl nicht los, das jede Sekunde irgendetwas drastisches passieren könnte. Ein sehr clever kreierter Spannungsaufbau, der sich in seinem Finale nicht komplett entlädt. Nein, das Publikum bekommt einen Schluss mit dem es leben muss aber nicht unbedingt leben kann und will. Es ist das Sinnbild der heutigen Jugend. Häufig werden Dinge aufgedrückt, häufig sind Problematiken vorhanden, die ein Mensch gar nicht verarbeiten und beheben kann. Es sind zwischenmenschliche Brüche und Bindungen, die Emotionen freisetzen die ein Individuum alleine nicht kanalisieren kann.


BIS AUFS BLUT ist dramatisch, emotional, gut verfilmt und gut gespielt. Einzig und alleine die Message hat den ein oder anderen Schlenker in die falsche Richtung unternommen. Ansonsten feiert Oliver Kienle hier ein famoses Regie-Debüt, das Lust auf mehr macht. Viel Lust.  


Bewertung: 08/10



©Euro Video
Genre:  Drama
Originaltitel: Bis aufs Blut - Brüder auf Bewährung
Regisseur: Oliver Kienle
Darsteller: Jacob Matschenz, Burak Yigit, Manuellsen, Aylin Tezel, Simone Thomalla, Peter Lohmeyer
Erscheinungsjahr: 2010
Produktionsland: Deutschland
Laufzeit: 113 Minuten  
Originalsprache: Deutsch
Altersfreigabe: FSK 16

Sonntag, 22. Juni 2014

The Damned United - Road 2 Brazil #8

©Sony Pictures Home Entertainment
Bryan Clough ist Trainer des englischen Zweitligisten Derby County. Im unteren Tabellendrittel der Second Division krebst er mit seiner Truppe auf der Stelle umher ohne Anzeichen auf sonderliche Besserung. Als der englische Meister Leeds United mit seinem Star-Trainer Don Revie im Pokal auf Derby County trifft, sollte sich all das schlagkräftig ändern. Getrieben von der unfairen Spielweise der Revie-Truppe und dem arroganten Auftreten des großen Fußballlehrers, planen Clough und sein Assistent Taylor fortan den Aufstieg Derby´s zu einem Konkurrenten auf Augenhöhe. Mit Akribie, Ehrgeiz und klugem Köpfchen gelingt dies in der Folge. Doch irgendwann kommt der Punkt an dem Bryan Clough erkennen muss das auch er seine Grenzen hat. Die Frage ist nur, wie er mit dieser Tatsache zu leben weiß.

Von vorne weg lässt sich sagen, das THE DAMNED UNITED einen unfassbaren Flair besitzt. Alte und graue Vereinsgelände. Pforten die auf ruhmreiche Tage schließen lassen, Tradition in Stein gemeißelt. Matschige Rasenflächen, enge Trainerbänke, traumhaft anmutende Fußballidylle möchte man schon fast sagen. Der englische Fußball um das Jahr 1970, ein heutzutage wunderschöner Anblick. Eine Zeit für die Kratzer und Beißer, die harten Hunde, die waschechten Fußballer. Wie Kameramann Ben Smithard diese sportlichen Normen und Werte in der Linse festzuhalten weiß ist schon Großes Kino. Er ist in der Lage die wunderschönen Settings zu nutzen, bebildert diese oftmals in einem etwas grauen Ton, was umgehend noch mehr Eindruck schindet.

Neben dem Auge für die optimale Bildsprache, hat THE DAMNED UNITED noch einige andere Stärken vorzuweisen. So kann der Streifen auch eine enorme Beleuchtung des Hauptcharakters sein eigen nennen. Der krankhafte Ehrgeiz, die Disziplin, die Einbildung. Der rote Faden des Filmes verläuft konstant und gibt dem Projekt eine sehr positive Struktur, bleibt man sich schließlich selbst treu und verfolgt die Charakterzeichnung bis zum Schluss konsequent. Die Rivalität als Antriebsmechanismus für den vom Erfolg besessenen Bryan Clough. ´Der ewige Gegner´ wie auch der deutsche Titelzusatz schon im Namen anzudeuten weiß. Die Frage ist nur wer der wahre Gegner Bryan Cloughs ist. Ist es tatsächlich Don Revie oder letztlich doch er selbst? Hier lässt der Film Interpretationsspielraum.

Ein weiteres Motiv, welches THE DAMNED UNITED verfolgt ist die Schnelllebigkeit des Fußballs. Ein sehr sport- spezifisches Motiv, welches aber die Fußballfans sehr in den Bann zu ziehen weiß. Es ist eine Achterbahn der Gefühle, lässt man den Film einmal Revue passieren. Mal am Boden, mal am Zenit, mal gleicht das Leben einem Traum, mal einem Alptraum. Der Sport, Fußball im Speziellen ist häufig ein undankbares Geschäft. Held und Depp liegen nirgendwo so eng beieinander wie beim Spiel um den sagenumwobenen Lederball. THE DAMNED UNITED ist das Abbild dieses Faktums, sieht man Bryan Clough doch in den verschiedensten Abschnitten und Zuständen seiner Karriere.
Somit kommen wir zum einzigen wirklichen Kritikpunkt. Regisseur Tom Hooper (´The King´s Speech´) findet mit seinem Ende zwar Eines welches dem Film gerecht wird, lässt aber die anschließende Zeit, den wahren Erfolg des Bryan Cloughs außer Acht. Er wird zwar angeschnitten und zur Kenntnis genommen, aber nicht wirklich in den Film integriert, was diesem letztlich einfach nicht gerecht wird. Etwas Schade, ein wenig mehr Laufzeit hätte THE DAMNED UNITED tatsächlich gebrauchen können um ein ganz großes autobiografisches Erlebnis zu werden.

©Sony Pictures Home Entertainment
Schauspieler Michael Sheen spielt grandios auf, auch sein Assistent Timothy Spall liefert Klasse Arbeit ab, und verkörpert die Rolle des Peter Taylor unheimlich realistisch. Wann immer man denkt das er ins Abseits abdriftet, im Hintergrund verschwindet liefert er einen klugen Schachzug ab. Er ist das Bindeglied zwischen Bryan Clough und dem Erfolg, er ist das essenzielle Puzzleteil das Clough braucht um das Bild des Helden zu vervollständigen. Ohne Taylor ist Clough nichts. Ein Aspekt welchen Regisseur Tom Hooper mit seinem Portrait sehr schön und deutlich herausgearbeitet hat.

Unterm Strich sehen wir in THE DAMNED UNITED eine sehr realitätsnahe Darstellung der damaligen Fußballära im Mutterland dieses Sports. Brillant aufgelegte Schauspieler, eine an die Stimmung angepasste Kameraarbeit und ein in sich schlüssiges Werk, welches auf seine Motive großen Wert legt. Lediglich der Inhalt, die Auswahl der Zeitabschnitte der Ära Clough wirkt unvollständig was der zu kurz geratenen Laufzeit geschuldet ist.

Tom Hooper inszeniert dennoch einen äußerst gelungenen und unterhaltsamen Spielfilm der uns wieder einmal zeigt wie abhängig wir von anderen Menschen sind und wie wichtig diese für uns sein können. Sehr gelungenes britisches Kino!


Bewertung: 07/10



©Sony Pictures Home Entertainment
Genre: Sportfilm, Drama
Originaltitel: The Damned United
Regisseur: Tom Hooper
Darsteller: Michael Sheen, Timothy Spall, Colm Meaney, Stephen Graham, Jim Broadbent
Erscheinungsjahr: 2009
Produktionsland: Großbritannien
Laufzeit: 98 Minuten  
Originalsprache: Englisch
Altersfreigabe: FSK 0

Freitag, 20. Juni 2014

Offside - Road 2 Brazil #7

©Studiocanal
Teheran, 2005. Die iranische Nationalmannschaft steht unmittelbar vor der Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland. Die Euphorie ist greifbar, ebenso wie die Anspannung. Die Menschen stürmen in Scharen in die Arena. Stopp. ´Menschen´ ist der falsche Ausdruck, ´Männer´ muss es heißen, ist der Stadionaufenthalt in Iran für Frauen doch verboten. Eine Gruppe rebellischer Mädchen versucht dennoch den Traum von der Qualifikation live mitzuerleben. Doch aufgrund der enormen Präsenz des Militärs werden die jungen Gören unter Arrest gestellt. Unter Beobachtung der zugeteilten Soldaten müssen sie dort ab sofort ihr Dasein fristen. Fortan entwickelt sich eine Diskussion über die Gesellschaftsstruktur des Irans, über Gleichberechtigung, alles im Namen des Fußballs. Eine interessante Entwicklung nimmt ihren Lauf.

OFFSIDE behandelt wenn man es salopp ausdrücken möchte ein dankbares Thema, sofern man dieses zu inszenieren weiß. Unterdrückung und Benachteiligung der Frauen, die Bände welche die Menschen untereinander verbinden. Dazu kommt noch der Fußball selbst, auch wenn er in diesem Projekt nur als Rahmen dient und zu keinem Zeitpunkt Kern der Handlung wird, was auch fatal gewesen wäre.
Doch inwiefern kann OFFSIDE dem Thema seine eigene Note verpassen, welche Bilder und Szenen bleiben haften?
Die Antworten hierauf, bleiben leider dünn, stellt OFFSIDE sicherlich ein ordentliches gesellschaftskritisches Drama da, kann aber nur mit einem ungewöhnlichen Setting und einem angenehm beschaulichen Erzähltempo aufwarten.

OFFSIDE verpasst es letztlich in den letzten Minuten seiner Aussage die entsprechenden Emotionen einzuverleiben. Es bliebt austauschbar was hier gezeigt wird und die Haut des Zuschauers bleibt unverändert. Am Ende scheint dem Film sogar trotz der geringen Laufzeit die Puste auszugehen. Während im mittleren Drittel des Streifens noch sehr beklemmende und aufreibende Situationen heraufbeschworen wurden, bleibt das Ende ausdruckslos. Nur selten kann der Zuschauer den Ernst der Lage erfassen. OFFSIDE stellt zwar seine Problematik sehr gut zur Schau, vergisst dann aber dieses in ein filmreifes Gewand zu packen, was letztlich dazu führt dass das Team um Regisseur Jafar Panahi ihre Mission in den Sand setzt. Nicht gänzlich, aber sicherlich teilweise.

©Studiocanal
Was Jafar Panahi jedoch schafft, ist es der Gesellschaft des Irans den Spiegel vor das Gesicht zu halten. Er konfrontiert die Vertreter des Systems, in diesem Fall das Militär, mit den Gegenständen die unter der Struktur leiden, in diesem Fall die jungen Frauen. Nein, noch viel intensiver findet es statt, die Soldaten konfrontieren sich im Endeffekt selbst. Auch das laute Schreien des ´Abteilungsleiters´ kann die Realität, die Wirklichkeit nicht im Ansatz in die Illusion einfügen, sodass sich die Unterdrückenden in der Konsequenz fügen.


Auch hier sieht man, OFFSIDE schafft es die Problematik auf den Punkt zu bringen und an den Zuschauer zu bringen, die Dringlichkeit wird dem Publikum aber auf keinen Fall bewusst. Dazu ist OFFSIDE zu sehr Spielfilm und zu Spielfilmen gehören nun mal auch Emotionen und Gefühle, die fehlen hier. So kann man das Projekt viel mehr als Dokumentation sehen, welche sich im falschen Genre verirrt hat. Auf keinen Fall ein Totalausfall, aber sicherlich ein Ableger der einiges an Möglichkeiten verschenkt hat. 


Bewertung: 05/10



©Studiocanal
Genre: Sportfilm, Drama
Originaltitel: Offside
Regisseur: Jafar Panahi
Darsteller: Simar Mobarak Shahi, Safar Samandar, Shayesteh Irani, M. Kheyrabadi, Ida Sadeghi
Erscheinungsjahr: 2006
Produktionsland: Iran
Laufzeit: 88 Minuten  
Originalsprache: Persisch
Altersfreigabe: FSK 0

Mittwoch, 18. Juni 2014

Hooligans - Road 2 Brazil #6

©Ascot Elite Home Entertainment
"Wir haben uns vorgenommen im Leben zu nichts zu kommen.Was uns auch Gott sei dank bisher gelang. Trinkfest und arbeitscheu sind wir United treu. So Leben wir daher. So Leben wir. UNITED! UNITED!"

London, Mittelpunkt des Fußballs. Ganz Großbritannien ist in sogenannte Firmen aufgeteilt. Organisationen, die ihrem Fußballverein mit Stimme, Faust und Schmerzen zur Seite stehen. Sogenannte Hooligans regieren die Straßen vor den Toren der Fußballtempel. Der amerikanische Journalismus Student Matt Buckner rutscht über seine Schwester in die Szene hinein. Sein Schwager ist der ehemalige Major der GSE – der Green Street Elite. Dessen Bruder Pete Dunham ist der aktuelle Anführer der Firma und zieht Matt mit in einen Sog voller Gewalt, Blut und Fußballrausch. Willkommen in West Ham!

Die Fankultur ist seit Anbeginn der Fußballzeit einer der wichtigsten Bestandteile der Sportart an sich. Woche für Woche strömen Millionen von Menschen in die Stadien um ihre Mannschaft nach vorne zu peitschen. Es gibt jedoch auch eine Minderheit, welche in der Öffentlichkeit oft verschrieen wird – sie nennen sich Hooligans.

Mit HOOLIGANS gibt uns Regisseurin Lexi Alexander einen Einblick in ein Millieu welches von Absurdität und Pathos nur so strotzt. Eine Bewegung welche sich durch blindes Vertrauen, bedingungsloser Loyalität und identischem Starrsinn eine Welt erbaut, welche so fern vom obligatorischen Alltag abschweift, das diese schon wieder einer Traumwelt gleicht. Das Leben für eine Firma, für eine Gruppierung die zusammen steht und fällt. Die schlägt und geschlagen wird, ein Leben für ein Team. Was für viele Menschen wohl fern von jeglicher Realität liegen mag, ist seit Jahren Gang und Gebe und wird in unterschiedlicher Härte vollzogen. Doch wo liegen die Grenzen für die Mitglieder dieser Vereinigungen? Werden sie zu Recht verurteilt?
HOOLIGANS schaut uns die ehrenwerte Seiten der gleichnamigen Szene auf, wird doch die Gewalt, die Wut und der Zorn nur auf den entsprechenden Gegner projiziert, auf Gleichgesinnte, auf dieselben Verrückten. Doch in diesem Kampfrausch verlaufen die Grenzen scheinbar fließend, werden diese doch im Sekundentakt überschritten oder gar Außenstehende in die verschobene Welt mit hineingezogen. Jeder Mensch hat einen Hang zum Extremen, doch manchmal muss die Freiheit eines Menschen eben da enden wo die Freiheit eines Anderen beginnt.

Lexi Alexander begibt sich also auf eine Reise in die gepflasterten Gassen Londons. In ein Gebiet in dem der Rauch der Fabrikschornsteine die britischen Arbeiter in den Feierabend entlässt, indem nichts anderes wartet als die Familie und der Fußball. In diesen Vierteln richten sich die Menschen am Sport auf, er diktiert den Alltag und die Freizeit, er ist allgegenwärtig. Viele Menschen erkennen den Ernst des Lebens nicht bei Zeiten und müssen die harte Schule durchlaufen um zu dem zu werden was sie letztlich dann sein werden. Getragen von einer Firma, von Menschen mit denen sie sich identifizieren, von denen sie sich verstanden fühlen. Fragwürdig ja, aber nicht zu verurteilen, zumal HOOLIGANS sehr wohl die Schattenseiten anschneidet und sie zu beleuchten weiß. Wie sehr die Abhängigkeit von der Szene vorhanden ist, wie tief das Loch ist in das die Mitglieder fallen können.
©Ascot Elite Home Entertainment
Auch wenn der Aspekt des Filmes, welcher besagt, das diese Lebensphase ein Schritt zur Männlichkeit darstellt, sicherlich naiv ist, fällt es schwer dem Projekt deshalb etwas ankreiden zu wollen, geht es doch um eine Lebensweise die naiver nicht sein könnte.
Mit ordentlich Tempo, einer gehörigen Schippe blutiger Action und einer vollen Packung Atmosphäre wird HOOLIGANS sicherlich nicht nur bei Teenager Anklang finden, sondern auch bei dem restlichen Publikum dank seiner realistischen Blickweise und der keinesfalls verherrlichenden Grundeinstellung seine Anhänger finden.

Mit Elijah Wood und Charlie Hunman an der Spitze finden sich zwei ebenso dynamisch wie fähige Hauptdarsteller, die den Film auch in dieser Hinsicht ein passendes Gesicht verleihen können und den darstellerischen Bereich absolut zu tragen wissen. Auch wenn die Charakterzeichnung nur bei Elijah Wood von Bedeutung ist, wirkt auch dieser Aspekt in sich Rund.


Unterm Strich gibt uns HOOLIGANS Einblick in eine Szene, die sicherlich nicht zu verherrlichen oder zu loben ist, aber doch an der ein oder anderen Ecke missverstanden wird. Eine dramatische Geschichte, die nah an der Realität ist und doch so dramatisch gar nicht zu sein scheint. Scheinbar. 


Bewertung: 07/10



©Ascot Elite Home Entertainment
Genre: Sportfilm, Drama
Originaltitel: Green Street 
Regisseur: Lexi Alexander
Darsteller: Elijah Wood, Charlie Hunman, Claire Forlani, Marc Warren, Leo Gregory
Erscheinungsjahr: 2005
Produktionsland: UK, USA
Laufzeit: 109 Minuten  
Originalsprache: Englisch 
Altersfreigabe: FSK 12

Sonntag, 15. Juni 2014

Kick it Like Beckham - Road 2 Brazil #5

©Paramount Home Entertainment
Jess Bhamra hat einen geheimen Traum. Sie möchte Fußballprofi werden und Freistöße schießen können, die genauso über die Mauer fegen, wie die ihres größten Vorbilds David Beckham. Jeden Tag kickt sie mit den Jungs im Park. Doch als die Junge Jules auftaucht und ihr ihren Frauenfußball-Verein zeigt, scheinen all die haltlosen Träume Jess´ einen Sinn zu haben. Fortan trainieren die zwei Nachwuchstalente wie besessen mit ihrem Joe für das große Ziel in Amerika Fußball spielen zu können. Doch Jess lebt in einer Welt zwischen indischer Kultur, britischem Leichtsinn und dem eigenen Willen. Sie muss diese Aspekte miteinander vereinbaren, ehe sie den entscheidenden Schritt wagen kann...

KICK IT LIKE BECKHAM zeigt uns eine Seite des Fußballs, welche oft verschrieen wird bzw. nicht ernst genommen wird. Den Frauenfußball. Immer noch eine Randsportart, immer noch ganz weit im Schatten des großen Bruders und immer noch weit weit davon entfernt den internationalen Durchbruch zu erlangen. Doch hinter dieser Randsportart stecken Menschen, Frauen, die ihren Traum verwirklichen wollen und Profifußball spielen möchten. Hier gibt es keine Unterschiede zum männlichen Ableger des Spiels.
So bebildert auch KICK IT LIKE BECKHAM diesen Umstand und punktet dabei mit seiner ungezwungenen Art und Weise. Denn was sich in den knapp zwei Stunden entwickelt ist eine flott erzählte Abhandlung des modernen Lebens für Migranten zweiter Generation, in Ländern wie Großbritannien, Deutschland oder auch der USA. Angetrieben von den eigenen Träumen und Zielen, gebremst von den Zwängen der eigenen Kultur, welche von den Eltern zu Hause ausgiebig zelebriert und praktiziert wird. Gesteuert von Einflüssen der Umwelt, von Neugier, von Vernunft, von einer Variablen.

Und genau hier liegt der große Pluspunkt des Projekts, denn KICK IT LIKE BECKHAM kommt zu keinem Zeitpunkt altmodisch daher, sondern nimmt bewusst entsprechende Klischees auf die Schippe in dem man diese zum richtigen Zeitpunkt bedient. Regisseurin Gurinda Chadha beweist ein außerordentliches Feingefühl in diesen Situationen und generiert somit eine äußerst humoristische Veranschaulichung der oben genannten Problematik. So entsteht ein sympathischer Spielfilm, der dank seines hohen Erzähltempos ohne jeglichen Längen auskommt und sich über die Grünflächen Londons direkt in die Grübchen des Zuschauers zu bewegen weiß.

Schwächen zeigt der Film vor allem in den nahezu lächerlichen Fußballsequenzen, die völlig ohne Tempo und Action auskommen müssen, und in der Tat gänzlich verschnitten wurden. Hier hat man wirklich einen Griff ins Klo getätigt und in der letztlich doch verharmlosten Abhandlung der Thematik, die auf der einen Seite zwar für einen lockeren Filmgenuss sorgt, auf der anderen Seite aber die gesellschaftskritische Relevanz in Frage stellt, zeigt Gurinda Chadha zwar die Missstände auf, überspielt aber ihre Ahnungslosigkeit was Problemansätze betrifft dann mit zahlreichen Lachern und Schmunzlern.

©Paramount Home Entertainment
Nimmt der Zuschauer aber diese Umstände in Kauf ohne sich allzu lang darüber aufzuregen, erwartet ihn ein kurzweiliger, fröhlicher Streifen, der mit Parminder Nagra, Keira Knightley und Jonathan Rhys Meyers ein fähiges Hauptdarsteller-Trio besitzt und auch sonst mit sympathischen Nebenrollen auffahren kann.


Unterm Strich erwartet das Publikum mit KICK IT LIKE BECKHAM ein Sonntagsfilmchen der besseren Sorte. Ohne die allzu große Dramaturgie-Schiene zu fahren und auf den Kitsch-Button zu drücken, schaut man dem Film ohne zu Murren gerne zu und erfreut sich an den vielen Lachern. Locker, luftig sozusagen. Gerade wenn man im Fußballfieber ist, stellt KICK IT LIKE BECKHAM eine nette Komödie da.  


Bewertung: 06/10



©Paramount Home Entertainment
Genre: Sportfilm, Komödie
Originaltitel: Bend it Like Beckham  
Regisseur: Gurinder Chadha
Darsteller: Parminder Nagra, Keira Knightley, Jonathan Rhys Meyers, Frank Harper, Anupam Kher
Erscheinungsjahr: 2002
Produktionsland: UK, Deutschland
Laufzeit: 112 Minuten  
Originalsprache: Englisch 
Altersfreigabe: FSK 6

Freitag, 13. Juni 2014

Der ganz große Traum - Road 2 Brazil #4

©Universum Film
Braunschweig im Jahre 1874. Das stolze deutsche Kaiserreich steht voll im Saft. Disziplin und Ordnung stehen ganz hoch im Kurs und Neue Ideen werden von sturen Richtlinien zerschmettert. So auch nicht anders am Martino-Katharineum, wo die Schüler mit Rohrstock und herben Strafen in die von Ihnen gewünschten Richtung erziehen. Dem neuen Englischlehrer Konrad Koch schwebt allerdings eine andere Art von schulischer Bildung vor und verfährt deutlich anders als seine Kollegen. Als seine Schüler jedoch, teils gelenkt durch ihre Eltern, zeigen das seine Lehrmethoden zu futuristisch sind, greift Koch zu einer anderen Maßnahme. Er zeigt seiner Klasse ein Spiel. Ein Spiel in dem die Füße gegen einen Ball treten müssen, in dem Tore erzielt werden sollen. Noch hat keiner eine Ahnung, was dieses Spiel im deutschen Lande ausrichten wird. Doch es ist 1874 und Konrad Koch bekommt Steine in den Weg gelegt, wo es nur geht...

Zwischen all den Fußball- und Sportfilmen gibt es selten Projekte, die wirklich aus der Masse herausstechen. Denen etwas eigenes innewohnt, etwas was nur sie haben, was nur sie bieten können. DER GANZ GROSSE TRAUM ist ein Streifen, der dieses Potential hat. Mit der ungewöhnlichen Story sich mit den Anfängen des Fußballs zu beschäftigen hat sicher etwas faszinierendes. Und auch wenn das Endprodukt ein recht gemächliches Tempo wählt, steckt in dieser deutschen Mache etwas äußerst beschauliches und angenehmes. Ohne die große Dramakeule zu schwingen, erzählt Regisseur Sebastian Grobler die Geschichte von den Anfängen des Fußballs im damaligen Deutschen Kaisserreich. Was hier gezeigt wird, nimmt der Zuschauer auch ab. Da werden keine außergewöhnlichen Nebenhandlungen eingeführt um die Spannung zu erhöhen, der Film hat die Stärke seinen Inhalt als so stark zu empfinden, das man ihn alleine bestehen lassen möchte. Und das gelingt, kommt beim Publikum doch über die gesamte Laufzeit keine Langeweile auf. Sicherlich werden hier und dort Klischees bedient, wenn man beispielsweise an den Zusammenhalt des Fußballteams denkt, aber das sind kleine Kinder und bei kleinen Kindern geht eben alles ein wenig schneller als bei Erwachsenen. Und selbst das stimmt nicht immer.

So macht sich DER GANZ GROSSE TRAUM auf, um nicht nur zu zeigen wie der deutsche Fußball in Deutschland etabliert wurde, nein, er schneidet zeitgleich auch die Problematiken der damaligen Zeit an. Die derbe Unterscheidung zwischen Arm und Reich. Der Sturheit der wohlhabenderen Gesellschaftsschicht. Der zu starke Nationalstolz. Sicherlich liegt hierauf nicht der Fokus, dennoch liefert das Projekt nebenbei einen kleinen Überblick über die Lage, über das Denken der Deutschen und über die Probleme, welche für die Jugend zu diesem Zeitpunkt dadurch entstanden sind.

©Universum Film
Hauptdarsteller Daniel Brühl gliedert sich unheimlich souverän in die gesamte Aura des Filmes ein. Sehr entspannt, sehr mit der Rolle zufrieden wirkt er und an Mimik, Gestik und auch Sprache kann man vermuten das der Spaß am Set vorhanden gewesen sein muss. Sehr ausgeglichen kommt das alles rüber. An seiner Seite agieren zahlreiche Jungschauspieler, die sich austoben können und ein wenig gegen den Ball kicken, sonst ist da nichts sonderlich erwähnenswert. Axel Prahl ist einer kleinen Nebenrolle zu sehen, ein Schmunzeln zuckt über das Gesicht des Zuschauers. Doch schauspielerisch ist sonst nichts weiter hinzuzufügen, keine Totalausfälle, ein guter Brühl, das war´s.


Warum DER GANZ GROSSE TRAUM dann letztlich doch kein Knaller war, sondern bei einem guten Sonntagmittag-Film stecken bleibt, liegt an der etwas zu ruhigen Gangart. Etwas zu wenig Hochs und Tiefs, keine sonderliche emotionale Bindung zum Publikum was aber nicht sonderlich schlimm ist, da von vornherein fragwürdig war ob solch eine Thematik überhaupt genügend Stoff für einen ordentlichen Spielfilm hergeben würde. Ein ordentlicher Spielfilm war es dann am Ende auch, ein netter Überblick, eine nette Anekdote. Ein toller Sport übrigens auch. Für Fußballer absolut empfehlenswert!


Bewertung: 06/10



©Universum Film
Genre: Sportfilm, Drama
Originaltitel: Der ganz große Traum 
Regisseur: Sebastian Grobler
Darsteller: Daniel Brühl, Burghart Klaußner, Thomas Thieme, Jürgen Tonkel, Adrian Moore, Kathrin von Steinburg
Erscheinungsjahr: 2011
Produktionsland: Deutschland
Laufzeit: 105 Minuten  
Originalsprache: Deutsch 
Altersfreigabe: FSK 0

Donnerstag, 12. Juni 2014

Goal - Road 2 Brazil #3

©STUDIOCANAL
Santiago Munez ist ein mexikanischer Einwanderer der in Los Angeles lebt und dort beim Einwanderer-Klub ´Los Americanos Jóvenes FC´ seine Fußballschuhe schnürt. Sein großer Traum ist es einmal mit Fußball sein Geld zu verdienen und bei seinem Talent scheint dieser Traum nicht komplett unmöglich zu sein. Als ihn eines Tages der ehemalige Scout von Newcastle United – Glen Foy entdeckt, steht Santi eine große Reise bevor. Glen Foy hat ein Vorspiel bei den Magpies organisiert und der Weg zum Profifußball ist näher als je zuvor. Kann Santiago seine Chance nutzen ? Und wie geht er mit den Dingen Abseits des Platzes um? Konkurrenz, Geld, Macht und Medien. Santiago betritt eine neue Welt...

Um eines vorweg zu nehmen: Der Film ist tatsächlich so stumpf und öde wie es dem Plot nach den Anschein hat. Den amerikanischen Traum zu verfilmen haben sich so einige Regisseure zur Aufgabe gemacht. In Fällen wie SCARFACE ist das cool, keine Frage. Da war Action, da war ein sehr stark inszeniertes Rise and Fall – Motiv zu erkennen. Da gab es Wendungen, starke Schauspielleistungen und Tempo waren vorhanden. Doch GOAL ist das komplette Gegenteil. Ein Film auf fußballbegeisterte Teenies zugeschnitten. Ohne wirkliche Probleme, auf jegliche Dramaturgie wird verzichtet. Schicksalsschläge werden am Rande wahrgenommen und aufgezeigt, aber nicht an den Zuschauer herangelassen. Der Film funktioniert auf emotionaler Ebene überhaupt nicht und ist mit Sicherheit einer der oberflächlichsten Streifen, die je das Licht der Kinowelt erblicken durften. Nicht nur Probleme werden völlig unzulänglich dargestellt, kein wirklicher Tiefpunkt, kein Dämpfer, der Regisseur Danny Cannon interessiert sich nicht für das was sein Publikum sehen möchte. Er will einen Film kreieren, der die Jugendlichen in Scharen auf die Sessel bringt und auf keinen Fall aneckt.
Die Folgen des Ruhms, der Medienpräsenz, der Wandel des Lebens an sich wird hier maximal angekratzt, Charakterzeichnung schlägt völlig fehl, Charakterentwicklung gibt es nicht.
GOAL schrammt völlig an der Realität vorbei, zumindest will sie diese nicht bebildern. Stattdessen wird eine erbarmungslose Branche als Sektor dargestellt, in dem Menschliche Werte an der Tagesordnung stehen würden. Man will die Härte des Geschäftes zwar irgendwo auf die Leinwand bringen, widerspricht sich aber in der Inszenierung permanent. Das Todesurteil für jeden Film und so entwickelt sich auch GOAL zu einer Lachnummer in dem Sinne das man den Streifen schlicht und ergreifend nicht annähernd ernst nehmen kann.

©STUDIOCANAL
Wenn dann auch noch Stars wie Zinedine Zidane, David Beckham und Raul in lässigen Smokings durch Bars schlendern und mit der Hauptfigur plaudern ist der Teenie-Traum perfekt. Die Stars, welche sie alle zwei Wochen, Mittwochs in der BRAVO Sport finden, mit tollen Statistiken verziert, flimmern auf einmal über die Kinoleinwand. Ein wahrhafter Traum. Mit diesen Mitteln will Cannon ein positives Feedback erreichen, und anstatt ein liebevolles Spielerportrait zu entwickeln, bedient er lieber ausgelutschte Klischees, welche eine Lüge widerspiegeln.
Statt eine Figur auszuarbeiten, die sympathisch und nicht so aalglatt wie Santiago Munez in diesem Film ist, nimmt man einen Charakter ohne jegliche Authentizität und verweigert das ältere und reflektiertere Publikum zu bedienen.


So bleibt mit GOAL letztlich ein Film der für kleine Jugendliche kurz vor der Pubertät wohl mächtig cool sein könnte, sonst aber keine geeignete Zielgruppe findet. Lust auf GOAL 2 und 3 kommt selbstverständlich nicht im Ansatz auf.


Bewertung: 02/10



©STUDIOCANAL
Genre: Sportfilm, Drama
Originaltitel: Goal! The Dream Begins
Regisseur: Danny Cannon
Darsteller: Kuno Becker, Stephen Dillane, Marcel Iures, Alessandro Nivola
Erscheinungsjahr: 2005
Produktionsland: USA, UK
Laufzeit: 113 Minuten  
Originalsprache: Englisch 
Altersfreigabe: FSK 12

Mittwoch, 11. Juni 2014

Tom Meets Zizou - Road 2 Brazil #2

©mindjazz Pictures
Thomas Broich, vielen eingefleischten Fußball-Fans dürfte dieser Name noch ein Begriff sein. Als 2003 der kometenhafte Aufstieg dieses Wundertalentes begann, wurde er noch in einem Atemzug mit heutigen Sportgrößen wie Bastian Schweinsteiger, Lukas Podolski oder dem heutigen DFB-Kapitän Lahm genannt. Der Wechsel in die Bundesliga bedeutete den ersten Kontakt mit dem Haifischbecken Profifußball und was zunächst verheißungsvoll begann entpuppte sich letztlich als eine waschechte Tragödie, die in dieser Zeit nie wirklich als solche wahrgenommen wurde. Regisseur Aljoscha Pause begleitete den Protagonisten Thomas Broich seine komplette Karriere hindurch und beschert uns mit TOM MEETS ZIZOU – KEIN SOMMERMÄRCHEN einen klaren Einblick in die Kulissen des Profigeschäftes mit einem begnadeten Fußballer als Hauptdarsteller, der letztlich die Rolle des tragischen Helden dankbar annahm.

Was uns TOM MEETS ZIZOU bietet, ist ein gnadenloses Portrait in einem noch weniger Gnade bietenden Geschäft, dem Fußball. Das komplette Gegenteil zu Public Viewing, Meisterfeiern und Tor der Woche – Clips. Das komplette Gegenteil stellt Thomas Broich dar. Was immer wieder im Fußball vergessen werden zu scheint, zumindest von großen Teilen der Zuschauer und noch größeren Teilen der Verantwortlichen ist, das letztlich nicht Roboter diesen unendlichen Apparat Fußball in Gang halten, sondern Menschen. Wann immer eine Karriere empor steigt, werden zahlreiche verheißungsvolle Talente oder schon gestandene Spieler enttäuscht. Mit Thomas Broich ist ein Spieler im Blickpunkt, der eigentlich schon alles hatte. Seinen Ruhm, sein Image, welches er zunächst dankend ablegte um letztlich doch damit zu spielen und dieses zu genießen. Sein Lob, seine Wertschätzung, sein Können und seine Leistung. Doch auch ein intelligenter Mensch wie Broich, lässt sich letztlich auf das Spiel mit dem Feuer ein. Verändert seine Einstellung zum Geschäft, legt seinen Misstrauen ad acta und wird letztlich Jahre später mit den Konsequenzen leben müssen.
Aufgrund der Tatsache, das Aljoscha Pause über all die Jahre seine Karriere ständig begleitet hat, kann der Zuschauer die Veränderung des Spielers hautnah beobachten. Wie er Aussagen korrigiert, ihnen zuwider handelt, wie er seine Taten im Endeffekt nicht mehr gänzlich unter Kontrolle hat und mit welchen Widrigkeiten er am Ende des Tages zu kämpfen hat.

©mindjazz Pictures
Das Thomas Broich nicht frei von Schuld ist, hat er mittlerweile eingesehen. Durch seinen Wechsel 2010 nach Australien zu den Brisbane Roars hat sich sein Fußballer-Dasein doch noch in den lang ersehnten Traum verwandelt. Gott sei Dank muss man sagen, ist Broich doch ein unheimlich sympathischer Kerl, der nur deutlich zu naiv, blauäugig und als Resultat auch zu hochnäsig durch die Gegend geschlendert ist. Durch den Tapetenwechsel ist ein Mensch entstanden, der äußerst reflektiert und rein seinen Wunschtraum lebt. Dieser Kontrast zwischen den Gesprächen mit dem ´jungen´ und dem ´alten´ Broich macht TOM MEETS ZIZOU so sehenswert.
Eine Geschichte bei welcher der Zuschauer mitleidet, mitfiebert und die Freude mit dem Protagonisten teilt. Kein Film, der nur für Fußball-Fans sehenswert ist, sondern ein Spiegelbild der Gesellschaft, denn wer meint das solche Schicksale nur beim König Fußball zu finden sind, hat sich deutlich geschnitten.

Es ist ein Streifen, der einen Charakter beleuchtet, welcher nicht nur wahnsinnig interessant ist, sondern welcher sich auch in all den Jahren auf harte Weise verändert hat.

Ein Film aus dem jeder Zuschauer etwas für sich herausziehen kann. Ein Film der zeigt was das Leben zu bieten hat, wenn man nur den Mut hat seine wahren Träume zu verwirklichen. Thomas Broich ist ein ideales Beispiel für diesen Schritt, der letztlich ein Akt der Verzweiflung war auch wenn der Gedanke schon länger in ihm gewachsen ist. Aus diesem Grund funktioniert TOM MEETS ZIZOU auf mehreren Ebenen. Nachdenklich und verwirrt sitzt das Publikum da, wenn die Credits über den Bildschirm huschen. Was in über Zwei Stunden zusammengeschnitten wurde ist im Endeffekt der Aufstieg, der Fall und der Wiederaufstieg eines Individuums welches zu einem Zeitpunkt in Deutschland gefeiert wurde wie fast kein Zweiter. TOM MEETS ZIZOU zeigt Schnelliebigkeit, Glaube und Vergessenheit. Trotz, Frust, Motivation und Misstrauen. Talent, Fähigkeit und Scheitern. TOM MEETS ZIZOU zeigt absolute Menschlichkeit. Eine geniale Dokumentation!


Bewertung: 08/10



©mindjazz Pictures
Genre: Sportfilm, Dokumentation
Originaltitel: Tom Meets Zizou - Kein Sommermärchen
Regisseur: Aljoscha Pause
Darsteller: Thomas Broich
Erscheinungsjahr: 2011
Produktionsland: Deutschland
Laufzeit: 135 Minuten  
Originalsprache: Deutsch
Altersfreigabe: FSK 0



Montag, 9. Juni 2014

Deutschland ein Sommermärchen - Road 2 Brazil #1

©STUDIOCANAL
09.06.2006, München. Der erste Anstoß. Der erste Pass der WM 2006. Deutschland ist Gastgeber und die Nationalmannschaft ein Mitfavorit um den begehrten Pokal. DEUTSCHLAND EIN SOMMERMÄRCHEN beschäftigt sich mit dem Werdegang der Mannschaft, des Trainerstabes und der ganzen Nation während dieses Riesenereignisses. Vom ersten Zusammentreffen des Teams unter Jürgen Klinsmann auf Sardinien, bis zur bitteren Halbfinal-Niederlage fängt Regisseur Sönke Wortmann jede einzelne Träne, jedes Lachen, jede Emotion ein und schneidet DEUTSCHLAND EIN SOMMERMÄRCHEN zu einem wunderschönen Ausflug zu einem ganz besonderen Moment zusammen.

Gerade wenn man mit ein paar Jahren Distanz auf dieses einmalige Event zurückschaut wird man doch schon ein wenig nostalgisch. Nun wo jedes große Fußball-Länderturnier zu einem nationalen Festmonat mutiert, ist es umso schöner dorthin zurückzuschauen wo alles seinen Anfang nahm. Mit Klinsmann, mit Löw, mit Poldi, mit Schweini, mit der WM 2006. Die Welt zu Gast bei Freunden, die Welt zu Gast bei uns in Deutschland. Genug Stoff um eine herrliche Dokumentation zu kreieren. Man kann dankbar sein, das Wortmann diese geniale Idee hatte, und an die Umsetzung glaubte, denn was mit DEUTSCHLAND EIN SOMMERMÄRCHEN produziert wurde, wird dem Ereignis absolut gerecht. Alle Beteiligten, alle Menschen in diesem Lande, die Ihre Fahnen für die deutsche Nationalelf gehisst haben werden erinnert an eine wunderschöne Zeit, an ein wahres Märchen. Märchen haben ein Happy End, richtig, doch Ausnahmen bestätigen die Regel und so lassen sich Leistung und Gefühle auch nicht durch eine Niederlage gegen Italien schmälern. Genau diese Tatsache weiß Sönke Wortmann in seiner Aufarbeitung der Weltmeisterschaft auf die Leinwand zu bringen. Trotz aller Trauer und Fassungslosigkeit, die er durch seine geschickte Inszenierung hervorbringt ist der Zuschauer sich am Ende des Streifens vollends bewusst, das diese 23 Mann wahre Helden sein müssen.

Hautnah erlebt das Publikum die Ansprachen des Bundestrainers, Insider-Informationen am laufenden Band, einen Blick hinter die Kulissen welcher bis hierhin in Deutschland absolut einzigartig war und ist. Deutschland ist plötzlich wieder Teil einer Episode des deutschen Fußballs und wird für seine einzigartige Leistung belohnt.
Stolz kommt währen dieser 110 Minuten auf, Stolz auf das deutsche Vaterland. Ein Gefühl welches durch die Vergangenheit allzu oft in ein falsches Licht gerückt wurde, obwohl es wohl eins der Schönsten Gefühle ist, zumindest sollte das so sein.

©STUDIOCANAL
Ein Lächeln keimt auf, wenn Bastian Schweinsteiger seinen Kollegen und Freund Lukas Podolski aus dem Tiefschlaf holt, Wortmann weiß wo er sein Publikum zu packen hat, wie er seine Produktion aufzubauen hat. Hier liegt auch das Geheimnis und die Stärke des Filmes. Aus hundert Stunden Filmmaterial genau die richtigen Minuten herauszufiltern, die den alten Gefühlszustand wieder aufleben lassen. Man muss kein großer Fußballfan sein um Gefallen an DEUTSCHLAND EIN SOMMERMÄRCHEN zu finden. Viel zu sympathisch sind die Menschen, die diesen Film prägen, viel zu schön das Vorkommnis an sich, viel zu sensationell ist die Geschichte.
Es war der Aufbruch in ein neues Fußball-Zeitalter. Nicht nur, das die Fans diese Events fortan ganz anders zu leben wussten, nein auch das Spiel der Deutschen entwickelte sich ab hier zu dem was es heute ist.


Gerade im Vorfeld zur WM 2014 ein unheimlich beflügelnder Film über Team-Spirit, Wille und Menschlichkeit. Eine schöne Collage aus Hintergrundinformationen, Spielaufarbeitungen und Spaß formt Wortmann zu einem homogenen großen Ganzen, welches zu Recht zahlreiche Zuschauer in die Kinos lockte und ein Denkmal bleibt, auf welches jeder Sportbegeisterte gerne zurückgreift. Ein Wechselbad der Gefühle das dem Publikum aufzeigt wie nah Freude und Trauer aneinander liegen. Für die WM 2014 kann man nur hoffen, das die Kluft zwischen den Beiden Größen ein wenig größer geworden ist!


Bewertung: 07/10



©STUDIOCANAL
Genre: Sportfilm, Dokumentation
Originaltitel: Deutschland ein Sommermärchen
Regisseur: Sönke Wortmann
Darsteller: Deutsche Fußballnationalmannschaft
Erscheinungsjahr: 2006
Produktionsland: Deutschland
Laufzeit: 110 Minuten  
Originalsprache: Deutsch
Altersfreigabe: FSK 0; FSK 6 (DVD)

Freitag, 6. Juni 2014

Geniale Thriller-Kost in russischer Kälte - Transsiberian

©Universum Film GmbH
„Wenn du alle meine Dämonen tötest, sterben vielleicht auch meine Engel.“

Roy und Jessie stehen einem großen Abenteuer gegenüber. Sie werden mit der transsibirischen Eisenbahn den Weg von Peking bis Moskau bestreiten. Für den Eisenbahnliebhaber Roy ein wahrer Traum der in Erfüllung geht, für Jessie bleibt zunächst noch die Skepsis. Als sie auf der Fahrt die jungen und sympathischen Abby und Carlos kennenlernen, scheint die Fahrt mit der imposanten Bahn doch noch zu einem unvergesslichen Erlebnis zu werden. Im Zug wird der Wodka förmlich zum Dauerbegleiter, die Karten und Würfelbecher werden ausgepackt, Geschichten werden erzählt. Eine Tolle Zeit eben. Doch schon bald merken Roy und Jessie das Carlos und Abby ein Geheimnis haben und das die russische Polizei nicht frei von Korruption ist. Hineingezogen in einen Strudel aus Leidenschaft, Liebe und kulturellen Barrieren, wird die Fahrt in der transsibirischen Eisenbahn zu einem Höllentrip erster Klasse...

Wie weit muss man sich von seinem eigentlichen zu Hause entfernen um sein wahres Gesicht zu erkennen? Welche Momente bringen den Menschen dazu seine Grenzen zu überwinden und sich selbst zu zeigen zu was er fähig ist? TRANSSIBERIAN ist nämlich nicht nur ein vorzüglicher Actionthriller, sondern viel mehr eine Visualisierung dieser Fragen. Inmitten von eisiger Ödnis, ummantelt von verlassenen Kapellen im tiefsten Sibirien, ist das Leben ganz einfach ein anderes. Weit weg von Generation Smartphone und Facebook. Es ist ein Leben indem man selbst und seine Mitmenschen den Mittelpunkt der Geschehnisse ausmachen. Man nimmt sich zeit für sich, Zeit für seine Leidenschaft, Zeit für alles elementare, Zeit für sein Glück. Inmitten dieser wunderschön kalten Idylle, zeigt sich das Leben genau so wie es sein soll. Hautnah, unberührt und ungebändigt. Pure Freiheit.

Das TRANSSIBERIAN dann tatsächlich so ein starker Film ist, ist eine absolute Überraschung, geht man davon aus, das die Männer auf den Regiestühlen eher selten das optimale aus ihren Voraussetzungen machen. Brad Anderson straft diesen Vorurteilen aber Lügen. Was dieser Streifen letztlich ist, ist ein Paradebeispiel für Kino – so wie es sein sollte. Das eine Geschichte in Sachen Aufbau und Struktur so perfekt verfilmt wird, kommt nicht sehr häufig vor. In ein bisschen weniger als zwei Stunden, bebildert Anderson einen Plot der einen herrlichen Spannungsaufbau beinhaltet, mehrere Höhepunkte im Petto hat und letztlich auch noch ein Finale Furioso zu bieten hat. Eine herrlich runde Story, der man von Anfang bis Ende durchgehend an den Lippen hängt.

©Universum Film GmbH
Visuell ist TRANSSIBERIAN logischerweise auch sehr stark umgesetzt. Die Bilder zerren den Zuschauer wahrhaftig mit in eine fremde Welt. Schneebedeckte Landmassen, alte Frauen mit Goldenen Zähnen, Häuser inmitten des Nichts, zerfallene Gebäude. Vielleicht möchte uns TRANSSIBERIAN einfach zeigen, dass das Perfekte im Imperfekten zu finden ist.
Hier profitiert der Streifen selbstverständlich von seinem sehenswerten Handlungsort, den damit verbundenen faszinierenden Settings und der Neugier des Menschen an sich.

Doch neben all den tollen Nebeneffekten und Botschaften, ist TRANSSIBERIAN natürlich auch ein wahnsinnig spannender Thriller, der eine ebenso clevere wie simple Handlung zu bieten hat und einen klangvollen Cast besitzt. Ständig spielt der Film mit der Abgelegenheit, die die Landschaft Sibiriens mit sich bringt. Einige Paukenschläge, einige logische Konsequenzen. TRANSSIBERIAN ist eine prall gefüllte Thriller-Tüte, deren Weg unaufhaltsam zu einem nervenaufreibenden Finale führt, welches genau die oben aufgeführten Fragen zu beantworten weiß.

Getragen wird das ganze Projekt vor allem von Woody Harrelson, Ben Kingsley und Emily Mortimer. Gerade letztere kann das Geschehen durch ihre emotionale Spielweise, durch ihr beherztes Interagieren den Film an sich reißen, was auch auf ihren am sorgfältigsten gezeichneten Charakter zurückzuführen ist. Die Figur der Jessie wirft klar das größte Interesse beim Zuschauer auf, wenngleich auch der Charakter des Roy nicht gänzlich als stereotyp abzutun ist, was sich im Film vor allem mit längerer Laufzeit bemerkbar macht. Ben Kingsley spielt das was er kann, und das macht er gut. Gewohnt tadellose Leistung, in einer für ihn typischen Rolle.
Unterm Strich lässt sich sagen, das TRANSSIBERIAN einer der vielfältigsten Thriller der Neuzeit ist. Wenig bis keine Schwächen, Längen schon gar nicht. Einen sehr begabten Regisseur und Drehbuchautor, der ein wahres Filmerlebnis geschaffen hat. Beeindruckende Settings und Schauspielleistungen. Natürlich ist auch hier nicht alles Perfekt, aber wie schon angesprochen, vielleicht liegt das Perfekte ja im Imperfekten.


„Das Leben ist eine Reise, nicht das Ziel.“


Bewertung: 08/10



©Universum Film GmbH
Genre: Thriller
Originaltitel: Transsiberian
Regisseur: Brad Anderson
Darsteller: Woody Harrelson, Emily Mortimer, Ben Kingsley, Eduardo Noriega, Kate Mara
Erscheinungsjahr: 2008
Produktionsland: US, UK, Spanien, Litauen, Deutschland
Laufzeit: 111 Minuten  
Originalsprache: Englisch
Altersfreigabe: FSK 16