Donnerstag, 8. März 2012

Beklemmendes und faszinierendes Knastdrama mit Carandiru



Ein Gefängnis in Brasilien, São Paulo. Es herrscht ein Aufstand der Insassen, das Chaos regiert, selbstgebastelte Messer wandern in den Händen ihrer Führer durch den Gebäudekomplex, Feuer werden gelegt, Drogen konsumiert. Ein Polizeiaufgebot stoppt diese, nicht entschuldbare, Störung der Ordnung. Sie stoppt sie blutig, Leichen stapeln sich. So gehört es sich, das sind Verbrecher die nichts anderes verdient haben, Verbrecher die es darauf angelegt haben. Das sollte man denken. Doch nicht alle Kriminellen sind auch diejenigen, die hinter Gittern sitzen. In einer erschreckenden und zugleich faszinierenden Reise durch das Gefängnis namens Carandiru lernt man die Insassen kennen, sie erzählen von ihrem Leben und weshalb es dazu kam wie sie wohl den größten Teil ihres Lebens im Gefängnis verbringen müssen. Geknechtete Seelen, jedoch keine hassenswerten Objekte wie man denken möchte, wie man in unzähligen Filmen immer wieder eingetrichtert kriegt, natürlich sitzen sie nicht ohne Grund im Gefängnis, dennoch sollte man nicht immer auf dem ersten Eindruck sitzen bleiben.

"Ich wusste das viele dieser Männer ihren Opfern gegenüber keine Gnade gezeigt hatten, aber dafür gibt es Richter in unserer Gesellschaft, und ich durfte mir kein Urteil anmaßen. Gleichzeitig stellte sich mir die Frage, was mich das überhaupt anging. Es gibt zwei Möglichkeiten, entweder ich vergaß es, oder ich ging wieder zurück."

Dieses Zitat stammt von dem Schauspieler Luiz Carlos Vasconcelos der einen Arzt verkörpert. Jedoch zitiere nicht nur ich ihn, denn Luiz zitierte ebenfalls den wirklich lebenden Arzt, einen Mann, einen kleinen Helden in dieser Welt. Er ist jahrelang ehrenamtlich in dieses Gefängnis gegangen, wollte helfen, hat die unmenschlichen Lebensbedingungen gesehen, hat ein Gefängnis gesehen das für nur 3000 Menschen vorgesehen war, dennoch für über 8000 genutzt wurde und wollte zumindest gegen die dadurch entstandenen Krankheiten ankämpfen. Vor allem wollte er die Gefahren von Aids klar machen, und wie man sich davor schützen kann. Unzählige dürften ihm sein Leben verdanken. Doch er war mehr als ein Arzt. Er wurde ein Freund der Gefangenen, hörte Geschichten die nur wenige persönlich erzählt bekommen, Geschichten von schlimmen Kriminellen - doch er hat mehr als die böse Seite gesehen. Und genauso sieht man in diesem Film nicht nur die schlechten Seiten solcher Menschen, hier wurde wohl einer der authentischsten Knastfilme überhaupt gedreht, das Leben in dieser kleinen Hölle lässt den Zuschauer absolut nicht kalt, im Gegenteil, man wird noch lange darüber nachdenken. Es werden natürlich auch bekannte Knastfilmelemente verwendet, es ist nunmal auch so das innerhalb der Gefängnismauern Menschen umgebracht werden, doch die Gründe dafür sind meist verständnisvoller als man denken mag. Eines Tages kam es zu einer Revolte, zu einer größeren als es in einem brasilianischen Gefängnis üblich sein. Es sind über 110 Menschen ums Leben gekommen. Kaum jemand davon zeigte Gegenwehr, die Messer die sie mit sich führten fielen auf den Boden als sie die maskierte Polizeieinheiten gesehen haben. Kein einziger der 'Gesetzeshüter' verlor sein Leben oder wurde verletzt. Da fragt man sich doch, in wem ein größeres Monster steckt.

9/10

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